„Meine Sprache bin ich“

Ein mutiger Satz eines Jugendlichen aus einem Buch von Beulah Parker, in dem die Therapie mit diesem Jungen beschrieben wird.

Im Laufe meiner jetzt 30jährigen Arbeit mit jungen Menschen ist das Thema der Sprache, der Verständigung, des Worte-Findens eines, das immer wieder wichtig, immer wieder aktuell und immer wieder deutlich im Raum steht.

Was bedeutet denn „Sprache“ in unserem, psychoanalytischen Zusammenhang?
Drei Gedanken kommen mir dazu:
Bedeutung von Sprache: Sprache bedeutet Kommunikation, Sozialisation, Trennung, Isolation, Gruppengefühl,
Was ist „Sprache“: Sprache ist natürlich Sprechen – aber auch Schweigen, Mimik, Gestik, Texte, Bilder, Darstellungen,
Umgang mit der „Sprache“: In vielfältiger Weise können wir mit Sprache in ihren Formen umgehen, zB: Deutung, Interpretation, Leben und Erleben, „deutungsfrei“ spielen,

Der Begründer der Psychoanalyse, Sigmund Freud, hat schon in seiner Arbeitsweise deutlich gemacht, wie wichtig der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist und welchen Wert dabei die „sprachliche“ Kommunikation bedeutet.
Er…
…hat Behandlung immer wieder neu erfunden
…war freundlich, spontan, unbesorgt gegenüber den psychoanalytischen Regeln
…zeigte seine Anschauungen zu Psychoanalyse, Kunst, Kultur, Gesellschaftsfragen,       Vorlieben, Freundschaften, Familienangelegenheiten
…hat Patienten belehrt oder ihnen etwas suggeriert
…zeigte Flexibilität auch im Setting (zB Analyse im Spazierengehen, Variation in Dauer und Frequenz)
Also nicht neue Gesetze für die Technik finden, aber nachdenkenswerte Überlegungen, Beschäftigung mit dem Lebensraum der Patienten. Vielleicht ist es ein Fehler, zu sehr an technischen Analyseregeln zu hängen und nicht auch „alles andere“ in die Therapie einzubeziehen und gestalterisch zum Nutzen des Patienten einzusetzen.

Nicht der Selbstzweck sondern der Sinn und Zweck der Therapie sind maßgeblich…
Nicht technische „Gesetze“ sind wichtig, sondern unser (Patient und Therapeut) Umgang damit.

Aber was ist, wenn „Sprache“ versagt, wenn Verstehen nicht mehr möglich scheint, gegenseitige seelische Verletzungen alles vernichten? Sind denn bestimmte „Störungen“ mit „unaussprechlichem“ Inhalt überhaupt therapierbar (zB Tod/Sterben, schwere chron. Erkrankungen, Autismus, Jugendkrisen) ?
Sind Therapeuten dann die „Helden“, die immer und auf alles eine Antwort, einen Rat, eine Erklärung haben?
Und gibt es einen ultimativen, immer möglichen Zugang zum Patienten?

Drei Aussagen mögen den Leser zum Nachdenken anregen: Zitate aus dem Abschiedsbrief des Schützen von Emsdetten (2006), aus dem Text eines Jugendlichen und des Philosophen A. Camus:

Sebastian B.: „Aber dann bin ich aufgewacht! Ich erkannte, dass die Welt wie sie mir erschien nicht existiert, das sie eine Illusion war, die hauptsächlich von den Medien erzeugt wurde. Ich merkte mehr und mehr in was für einer Welt ich mich befand. Eine Welt in der Geld alles regiert, selbst in der Schule ging es nur darum. Man musste das neueste Handy haben, die neuesten Klamotten, und die „richtigen“ Freunde. Hat man eines davon nicht, ist man es nicht wert, beachtet zu werden.“

Das Leben wie es heute täglich stattfindet ist wohl das armseligste was die Welt zu bieten hat!“

„Wenn man weiß, dass man in seinem Leben nicht mehr glücklich werden kann und sich von Tag zu Tag die Gründe dafür häufen, dann bleibt einem nichts anderes übrig als aus diesem Leben zu verschwinden.“

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Jack: „.. es ist immer schön, mal nicht die Gedanken alleine mit sich rumzutragen“

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Camus:  „Es ist nicht leicht, der zu werden, der man ist“